Gesundheits News

Ängste

18.03.2013 um 09:26

Ängste gehören zum Leben. Doch sie können außer Kontrolle geraten und krankhaft werden.

Angst ist ein urmenschliches Gefühl, das lebensrettend sein kann. Diese grundlegende Emotion hilft uns, Gefahren zu erkennen und darauf zu reagieren. Sie mahnt uns zu Vorsicht und erhöhter Aufmerksamkeit. Begründete Furcht verschafft uns die nötigen Energien, um entschlossen zu handeln, Schutzmaßnahmen zu ergreifen oder Herausforderungen anzunehmen und unsere Kräfte zu mobilisieren. Unsere Vorfahren reagierten auf Bedrohungen mit Flucht oder Angriff. Die die Angst begleitenden Körperreaktionen halfen ihnen dabei: Die Muskeln spannen sich an, das Herz schlägt rascher, Stresshormone werden ausgeschüttet. Körper und Geist sind hochkonzentriert und leistungsbereit. Nach überstandener Gefahr klingt die Stressphase wieder ab, Entspannung stellt sich ein.

Im modernen Leben sehen wir uns beständig Situationen gegenüber, die Ängste auslösen können: Sorgen um Menschen, die uns lieb sind, um Geld- oder Arbeitsplatzverluste, Krankheiten, spiegelglatte Straßen im Winter, Prüfungen, Gespräche mit Vorgesetzten, Flugreisen, Zahnarzttermine. Manche Situationen werden als Bedrohung erlebt, obwohl von ihnen objektiv keine wesentliche Gefahr ausgeht, wie der Zahnarztbesuch.

Jeder Mensch hat dabei ein unterschiedliches Angstniveau. Das kann von einem mulmigen Gefühl bis hin zu heftigen Angstwellen mit deutlichen körperlichen Beschwerden reichen. Der eine steigt gelassen ins Flugzeug und freut sich sogar, wenn die Maschine in den blauen Himmel abhebt. Der andere übersteht den Flug nur mit Beruhigungstabletten oder vermeidet die Reise über den Wolken nach Möglichkeit ganz. Ähnliches gilt für den Zahnarztbesuch. Inzwischen gibt es Praxen, die sich darauf spezialisiert haben, Menschen mit übersteigerter Furcht vor dem Zahnarzt zu behandeln.

Wo liegt die Grenze zwischen normaler und krankhafter Angst?

Die Angst vor dem Fliegen oder dem Zahnarzt zum Beispiel bezieht sich auf eine konkrete Situation. Sie kann auch Menschen ergreifen, die sonst recht mutig und selbstbewusst durchs Leben gehen. Solche Ängste sind zwar lästig und für manche Lebensbereiche auch überaus hinderlich, aber sie lassen sich mit gezielten Maßnahmen oft recht gut in den Griff bekommen. Sie können aber auch Teil einer tiefer gehenden Angststörung sein.

Andere Angstgefühle sind für die Betroffenen nicht so eindeutig zuzuordnen. Einige reagieren insgesamt ängstlicher auf die unterschiedlichsten Stresssituationen und Herausforderungen. Sie können aber immer noch damit umgehen, sich selbst beruhigen oder Mut machen.

Lebenskrisen und schwere Krankheiten lösen oft berechtigte Ängste aus, die kurzfristig überhand nehmen und den Betroffenen lähmen, dann aber meist zu Bewältigungshandeln führen. Manche Menschen brauchen dazu kurzfristig therapeutische Hilfe, finden aber nach überstandener Krise wieder in ihre ausgeglichene Gefühlslage zurück.

Sobald Ängste jedoch die Gefühlswelt dauerhafter belasten, den Alltag beherrschen und die eigene Handlungsfähigkeit einschränken, ist es Zeit, ihnen auf den Grund zu gehen. Sie können Anzeichen für eine ernsthafte Angststörung oder eine andere psychische Problematik sein. Dabei erfassen krankhafte Ängste auch oft ganz normale Lebenslagen. Sie befähigen nicht zu konzentrierter Aktivität, sondern lähmen und blockieren.

Wie äußern sich krankhafte Ängste?

Panikattacken: Manche Betroffene erleiden regelrechte Angstanfälle. Diese können immer wieder in bestimmten Situationen (Menschenansammlungen, Einladungen), an bestimmten Orten (freie Plätze, Brücken, Aufzüge), bei bestimmten Begegnungen (Spinnen, Hunde) oder aber grundlos, wie aus heiterem Himmel, einsetzen.

Nicht selten stehen dann die körperlichen Beschwerden, die Panikanfälle begleiten, so im Vordergrund, dass die Betroffenen fürchten, ernsthaft erkrankt zu sein. Sie fangen an zu zittern, verspüren Schmerzen und Druck in der Brust, haben starkes Herzklopfen, Atemnot und Schwindelgefühle. Manche Betroffenen hyperventilieren, sie atmen übererregt schnell ein und aus, was zu Krämpfen und Schwindel bis hin zu Ohnmachten führen kann und die Angst noch weiter steigert. Panikanfälle dauern oft nur wenige Minuten, können aber auch Stunden anhalten. Die Beschwerden gehen zurück, sobald die Attacke ihren Höhepunkt erreicht hat und dann allmählich verebbt.

Solche körperlichen Symptome können allerdings auch bei einer akuten Angina pectoris, einem Herzinfarkt oder anderen körperlichen Erkrankungen auftreten (siehe dazu Kapitel „Körperliche Erkrankungen“). Deshalb ist es wichtig, dass zunächst mögliche körperliche Ursachen von einem Arzt abgeklärt werden. Liegen den Ängsten psychische Ursachen zugrunde, erweisen sich dann in der Regel alle Untersuchungsbefunde als normal.

Wer einmal eine heftige Panikattacke erlebt hat, entwickelt oft eine zusätzliche tief sitzende Angst vor einem möglichen neuen Anfall und meidet deshalb Situationen, die der ähnlich sind, in der die Panik aufgetreten ist. Er zieht sich zurück und gerät dadurch häufig immer weiter in einen Teufelskreis der Angst. Die Angst vor der Angst beherrscht sein alltägliches Leben mehr und mehr und führt in einen sozialen Rückzug, der weitere psychische Probleme mit sich bringt (siehe Kapitel „Angststörungen“).

Generalisierte Angst: Andere Ängste machen sich nicht panikartig, sondern eher schleichend bemerkbar, in einem mulmigen Gefühl, wachsender innerer Anspannung und Unruhe. Wer eine solche allgemeine Angst erlebt, verspürt oft einen Druck in der Magengegend und fühlt sich wie gelähmt. Gleichzeitig rasen die Gedanken hin und her, schaukeln sich auf, überlagern sich, so dass es schwer fällt, sie in eine vernünftige Richtung zu lenken.

Solche Zustände kennt jeder Mensch in belastenden Situationen oder Lebensphasen. Bleibt das Angstgefühl in unterschiedlicher Intensität über längere Zeit bestehen, sprechen Mediziner von generalisierter Angst, die meist Ausdruck einer ernsten Angststörung ist, vor allem auch dann, wenn sie zu sozialer Isolierung führt (siehe Kapitel „Angststörungen“).


Welche Ursachen stecken hinter Angstgefühlen?

Es gibt bedrohliche Krankheits-Diagnosen, die nachvollziehbare Ängste auslösen. Krebspatienten und Menschen mit chronischen Erkrankungen sind immer wieder tiefgehenden Ängsten ausgesetzt, mit denen sie zurechtkommen oder sich gezielt auseinandersetzen müssen. Auch Schmerzpatienten kennen die Ängste vor dem nächsten Schmerzanfall. Die ängstliche Erwartung verstärkt häufig noch das Schmerzerleben.

Zu den körperlichen Erkrankungen, die neben den jeweils kennzeichnenden Symptomen auch mit Angstgefühlen einhergehen können, gehören mitunter Herzkrankheiten, Schilddrüsenstörungen, Erkrankungen der Atemwege oder des Nervensystems. Hier bringt eine gründliche ärztliche Untersuchung beim Hausarzt ersten Aufschluss. Er wird je nach Verdacht seinen Patienten an einen entsprechenden Facharzt überweisen.

Einige Medikamente, etwa gegen psychische Störungen (Neuroleptika), gegen die Parkinson-Krankheit, gegen Hirnleistungsstörungen oder bakterielle Infektionen (Antibiotika), können Angstgefühle auslösen oder verstärken. Auch hier ist der Arzt zu fragen (siehe Kapitel „Körperliche Erkrankungen“).

Alkohol und Drogen greifen in den Gehirnstoffwechsel ein und verändern Wahrnehmung, Denken und Psyche. Ängste, Wahnideen oder tiefe Depressionen gehören mit zu den Folgen von Alkoholmissbrauch und Drogensucht. Ebenso können heftige Angstgefühle bei Entzug der Droge auftreten (siehe Kapitel „Körperliche Erkrankungen“). Andererseits führen Angststörungen nicht selten in ein Suchtverhalten.

Hat der Arzt mögliche körperliche Erkrankungen ausgeschlossen, sind die Auslöser für neu aufgetretene, übermäßige Ängste meist psychischer Natur.

Stress, Burnout, starke seelische Belastungen können anhaltende Angstgefühle oder Panikanfälle nach sich ziehen (siehe Kapitel „Weitere psychische Ursachen“).

Die häufigsten Ursachen für ausgeprägte Ängste sind Angststörungen (siehe das nächste Kapitel), Depressionen, Zwangsstörungen oder andere psychische Erkrankungen (siehe Kapitel „Weitere psychische Ursachen). Ein Psychotherapeut und gegebenenfalls ein Psychiater können diese aufdecken und bewältigen helfen.

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